In Modellversuchen erproben wir neue oder veränderte Methoden, Konzepte, Regelungen, Formen oder Abläufe für die Gesundheitsversorgung der Berner Bevölkerung. Eine mögliche Lösung, ihre Akzeptanz und Praxis-Tauglichkeit werden geprüft und bei Erfolg umgesetzt.
Modellversuche sind zeitlich befristet – mit der Option, den Versuch nach Ablauf der Frist abzubrechen, zu verändern, zu verlängern oder in eine definitive Lösung überzuführen.
Wichtig ist, dass die Modellversuche in ihrer technischen und organisatorischen Ausrichtung, wenn möglich so geplant werden, dass die spätere Integration in ein Gesamtsystem ohne oder mit vertretbarem Aufwand möglich ist.
Abgeschlossene Modellversuche im Kanton Bern
Das Praxisassistenzprogramm wurde 2008 mit einem Modell-Versuch eingeführt. Seit 2013 findet es definitiv mit 21 Praxisassistenzstellen und Gesamtkosten von 1 049 117 Franken statt. Ab 2019 konnten 35 Stellen bei einem Gesamtbudget von 1 310 505 Franken angeboten werden.
Das Praxisassistenzprogramm macht junge Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung zum Hausarzt- bzw. Kinderarztberuf mit der Praxistätigkeit vertraut. Das Programm bereitet sie spezifisch auf die Aufnahme einer Arztpraxis vor und wird von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr positiv bewertet. Die Lehrärztinnen und –ärzte schätzen das Programm wegen dem fachlichen Austausch und der Entlastung durch die Assistenzärztinnen und –ärzte und bemerken eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Spitälern.
Die Stellen werden über die Stiftung Förderung der Weiterbildung in Hausarztmedizin (WHM) und von der Koordinationsstelle beim Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM) verwaltet. Die Koordinationsstelle wird durch den Kanton mit 200 000 Franken pro Jahr unterstützt. Die Koordinationsstelle berät die Assistenzärztinnen und –ärzte, betreut sie fachlich und organisiert Fortbildungskurse und weitere Projekte für die Förderung der Hausarztmedizin im Kanton Bern. Seit 2019 ist auch ein Fonds von 84 000 Franken im Programm enthalten, der vom BIHAM verwaltet wird. Der Fond dient dazu Praxen in unterversorgten Regionen des Kantons, kleinen Praxen und Praxen mit fehlender Nachfolgeregelung bei Bedarf zusätzlich zu unterstützen.
Programm Praxisassistenz 2019-2022 (Grossratsbeschluss und Vortrag )
Im dreijährigen Modellversuch ergänzten unter anderem interprofessionelle Teams und persönliche Bezugspersonen (Coaches) die geriatrische Versorgung im Spital Thun. Der Versuch zeigte das Potenzial zur Verbesserung der geriatrischen Versorgung auf, das mit interprofessionellen Teams und Patienten-Coaching in einem Regionalen Spitalzentrum erreicht werden kann. Die Verbesserungen des Gesundheitszustands wurden nicht nur im Spital, sondern auch in den sechs Monaten nach der Entlassung erzielt.
Bericht zum «Modellversuch Integrierte Versorgung in der Geriatrie» (2015)
Laufende Modellversuche im Kanton Bern
Die psychiatrische Akutbehandlung zu Hause stellt eine Erweiterung und Ergänzung der ambulanten psychiatrischen Grundversorgungsleistungen dar.
Sie richtet sich primär an akut psychisch kranke Menschen, die eine intensive und multidisziplinäre Behandlung und Betreuung rund um die Uhr und an sieben Tagen die Woche benötigen. Dabei ist ein interdisziplinäres Team rund um die Uhr für die betroffenen Personen, welche zu Hause behandelt werden, und ihre Angehörigen erreichbar.
Im Kanton Bern fehlen bisher die Erfahrungen mit solchen Versorgungsmodellen. Der Kanton Bern führt deshalb einen dreijährigen Modellversuch gemäss Artikel 115 Spitalversorgungsgesetz durch.
Der von Mitte 2019 bis Ende 2022 stattfindende Modellversuch hat zum Ziel, eine psychiatrische Akutbehandlung im häuslichen Umfeld im Kontext des Kantons Bern zu erproben.
Anschliessend soll – gestützt auf die Ergebnisse der Evaluation – entschieden werden, ob und wie dieses Versorgungsmodell in die Regelversorgung überführt werden könnte.
Im «Konzept für die Palliative Versorgung des Kantons Bern» weist der Kanton darauf hin, dass ein Bedarf besteht, die spezialisierte mobile Palliativversorgung im Kanton Bern auszubauen. Zur Förderung von sogenannten spezialisierten mobilen Palliativdiensten (MPDs) führt die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern zwischen Mitte 2019 und Ende 2022 einen dreijährigen Modellversuch gemäss Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben c und d Gesundheitsgesetz durch.
Ein MPD ist ein interprofessionelles, mobiles Team, das sich aus ärztlichen und pflegerischen Fachexpertinnen und Fachexperten der spezialisierten Palliative Care zusammensetzt und mit Fachkräften aus dem psychosozialen Bereich zusammenarbeitet. Das Team ist hauptsächlich in der zweiten Interventionslinie tätig, d.h. es berät und unterstützt die Grundversorgerinnen und -versorger (u.a. Hausärztinnen/-ärzte, Pflegepersonal in der Pflege zu Hause, Personal in Alters- und Pflegeheimen etc.) bei der Betreuung von besonders schwer kranken Patientinnen und Patienten in der letzten Lebensphase.
Mit der Durchführung des Modellversuchs sollen die Grundlagen für den Entscheid bezüglich einer allfälligen regulären und flächendeckenden Einführung von MPDs im Kanton geschaffen werden. Es soll der konkrete Bedarf und Nutzen von MPDs ermittelt werden. Zudem soll ein Finanzierungsmodell für eine mögliche zukünftige Regelfinanzierung von Leistungen in der zweiten Interventionslinie erarbeitet werden, da diese Leistungen durch die regulären Tarifsysteme ungenügend abgegolten werden.