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05. Mai 2025
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Gemeinsame Medienmitteilung des Spitalzentrums Biel (SZB), des Kantons Bern und der Einkaufsgemeinschaft HSK
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Spitalzentrum Biel, Kanton Bern und Einkaufsgemeinschaft HSK spannen in der Ambulantisierung zusammen

Das Spitalzentrum Biel (SZB), der Kanton Bern und die Einkaufsgemeinschaft HSK, welche die drei grossen Versicherer Helsana, Sanitas und KPT vertritt, haben sich auf ein richtungsweisendes Pilotprojekt zur Förderung der Ambulantisierung verständigt. Das neue Tarifmodell, das auf drei Jahre befristet ist, zielt darauf ab, die bestehenden Fehlanreize wirkungsvoll zu überwinden und damit die ambulante Ausrichtung massgeblich voranzutreiben. Entwickelt wurde die innovative tarifarische Lösung mit Blick auf das ambulante Gesundheitszentrum MEDIN Biel/Bienne, wo es in einer bewährten ambulanten Versorgungsstruktur, dem Operationszentrum MEDIN au Lac, zur Anwendung kommt. Die Projektpartner sind überzeugt: Die Einführung von EFAS ab 2028 erfordert bereits in diesem Jahr ein entschiedenes, gemeinsames Handeln aller Akteure. Nur so stehen rechtzeitig vernünftige und realistische Lösungen für eine starke, schweizweite ambulante Versorgung bereit. Neben den Versicherern leistet der Kanton Bern einen erheblichen finanziellen Innovationsbeitrag zum Pilotprojekt. Mit dem Commitment, pro Fall eine Kosteneinsparung von rund 1’300 Franken zu erzielen, engagiert sich auch das Spitalzentrum Biel massgeblich finanziell.

Dank dem medizinischen Fortschritt können immer mehr Behandlungen ambulant, die Genesung im häuslichen Umfeld und damit beides tendenziell kostengünstiger erfolgen. Davon profitieren Patientinnen und Patienten sowie Prämien- und Steuerzahlende gleichermassen. Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel ist eine ambulante Gesundheitsversorgung vorteilhaft, da sie den Personalbedarf reduziert. Trotz dieser Vorteile hinkt die Schweiz bei der Ambulantisierung im internationalen Vergleich stark hinterher, obwohl die Nachfrage nach ambulanten Leistungen durchaus besteht und stetig wächst. Schuld daran sind verschiedene Fehlanreize im Schweizer Gesundheitssystem, nicht zuletzt die starre Trennung der Tarifstrukturen (z.B. zwischen ambulant vs. stationär, Akut vs. Reha).

Fest steht: Die Einführung von EFAS ab 2028 bewirkt nicht automatisch eine Verlagerung von Eingriffen in den ambulanten Bereich, da lediglich die Finanzierung vereinheitlicht wird und damit nur einer von mehreren Fehlanreizen entfällt. Zwar sind ambulante Behandlungen tendenziell kostengünstiger. Die Infrastruktur und Prozesse vieler Spitäler sind aber noch immer stark auf die stationäre Leistungserbringung ausgerichtet. Dies hat zur Folge, dass bei der Verschiebung von Behandlungen aus dem stationären ins ambulante Setting der Ertragsrückgang meist stärker ins Gewicht fällt als die möglichen Einsparungen bei den Gestehungskosten. Somit führt die Ambulantisierung in vielen Häusern – zumindest kurzfristig – zu zusätzlichen Defiziten. Nicht so im Spitalzentrum Biel.

Innovatives Pilotprojekt überwindet Fehlanreize

Das gemeinsame Pilotprojekt zielt darauf ab, den ambulanten Anteil der Eingriffe mit Ambulantisierungs-Potential markant anzuheben (für Spitalaufenthalte ≤ 3 Tage). Die Auswirkungen auf den Ertrag und die Kosten der Leistungserbringer durch die Verlagerung in den ambulanten Bereich werden während der Projektphase pro erfolgten Eingriff gemessen. Anhand eines gemeinsam definierten Reportings erfolgt im ersten Projektjahr die Zahlung eines rückwirkenden Innovationsbeitrags, um das (zusätzliche) Defizit des Leistungserbringers zu reduzieren. Für die beiden Folgejahre werden die Beiträge der Partner im weiteren Projektverlauf definiert. Der finanzielle Anreiz ist so konzipiert, dass das Spitalzentrum Biel einen höheren Beitrag erhält, je mehr Behandlungen es vom stationären in den ambulanten Bereich verlagert. Berücksichtigt werden dabei nur Eingriffe, die heute nicht bereits ambulant erfolgen und auch nicht auf der AVOS-Liste stehen. Nach der dreijährigen Pilotphase soll das Projekt wieder in die regulären Tarifstrukturen integriert werden.

Handlungsspielräume sinnvoll nutzen

Bis zur Einführung von EFAS im Jahr 2028 profitieren die Kantone finanziell von steigenden Ambulantisierungsquoten, da ihr Finanzierungsbeitrag von 55 Prozent nur bei stationären Behandlungen fällig wird. Bei ambulanten Eingriffen tragen hingegen die Versicherer zu 100 Prozent die Kostenlast – und diese ist unter Umständen höher als die 45 Prozent für einen vergleichbaren stationären Eingriff. Der Kanton Bern ist entschlossen, seinen finanziellen Handlungsspielraum bis zur Einführung von EFAS aktiv zur Förderung der Ambulantisierung zu nutzen. Er leistet deshalb besonders in der Anfangsphase einen wesentlichen Innovationsbeitrag an das Pilotprojekt. Darüber hinaus sind auch die Versicherer Helsana, Sanitas und KPT bereit, einen Anteil beizusteuern und so ihren Versicherten einen besseren Zugang zur ambulanten Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Gespräche mit weiteren Versicherern sind in Gang.

MEDIN Biel/Bienne als Pionier ambulanter Versorgungsmodelle

Mit dem ambulanten Gesundheitscluster MEDIN Biel/Bienne am Bahnhof Biel hat das Spitalzentrum Biel trotz nicht zu unterschätzender finanzieller Risiken frühzeitig und vorausschauend in effiziente und kundenorientierte Versorgungsstrukturen im ambulanten Setting investiert. Das ambulante Operationszentrum MEDIN au Lac ist seit 2022 in Betrieb und aktuell für jährlich rund 4’000 Behandlungen in 6 verschiedenen Disziplinen ausgelegt. Hier plant das Spitalzentrum im Rahmen des Pilotprojekts, bei ausgewählten Eingriffen der Fachbereiche Gynäkologie, Orthopädie und HNO jährlich 300-500 bisher stationär durchgeführte Fälle ins ambulante Setting zu verlagern.

Ambulante Patientenpfade unterscheiden sich wesentlich von jenen im stationären Bereich und verlangen angepasste Infrastrukturen und Prozesse – gerade bei operativen Eingriffen, wo zusätzliche Aufwendungen für Nachsorge (Schmerzmedizin, Schaffung von nächtlichen Anlaufstellen, etc.) und, nicht zuletzt, Patienteninformation unabdingbar sind. Das Commitment des Spitalzentrums Biel, im Rahmen des Pilotprojekts pro Fall eine Kosteneinsparung von rund 1’300 Franken zu erzielen, bedeutet folglich auch eine massgebliche finanzielle Investition. Gleichzeitig bietet das ambulante MEDIN Biel/Bienne optimale Rahmenbedingungen für ein realistisches Monitoring und einen erfolgreichen Verlauf des Gemeinschaftsprojektes.

Tarifpartnerschaft ebnet den Weg für EFAS

Mit dem Pilotprojekt bekunden die Projektpartner ihren Willen und ihre Bereitschaft zur tarifpartnerschaftlichen Zusammenarbeit und innovativen Lösungsfindung. «Solche Pilotprojekte gehören zu einer Reihe von Massnahmen, welche die Einkaufsgemeinschaft HSK im Rahmen ihrer Jahresdevise Tarifpartnerschaft 2.0 – gemeinsam neue Wege gehen zusammen mit Partnern lanciert hat», so Eliane Kreuzer, Geschäftsführerin Einkaufsgemeinschaft HSK. «Nur wenn alle Akteure gemeinsam am selben Strang ziehen und bereit sind, sich für neue Wege zu öffnen, können wir die richtigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche EFAS-Einführung schaffen und die Zukunftsfähigkeit des Schweizer Gesundheitssystems sicherstellen», so Kreuzer weiter.

«Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Zusammenspiel des Dreigespanns Kanton, Versicherer und Leistungserbringer. Wir sind mit unserer Idee aktiv auf beide Partner zugegangen und freuen uns sehr über den Projektstart», betont Kristian Schneider, CEO des Spitalzentrums Biel. «Ganz ohne finanzielles Risiko ist das neue Tarifmodell für das Spitalzentrum nicht», ergänzt Philippe Plodeck, CFO und Projektleiter seitens Leistungserbringer. «Neben den grossen Vorteilen für unsere Patientinnen und Patienten ermöglicht es uns aber, unsere strategische Ausrichtung auf ambulante Angebote weiter voranzutreiben und somit auch für unseren Brügger Spitalneubau in Zukunft bedarfsgerechte Strukturen zu definieren.» Pierre Alain Schnegg, Gesundheitsdirektor Kanton Bern, hebt hervor: «Uns als Kanton ist es wichtig, dass wir visionär und zukunftsgerichtet die Herausforderungen des Schweizer Gesundheitswesens anpacken. Daher sind wir auch bereit, das Projekt finanziell mitzutragen. Die Weichen müssen jetzt gestellt und neue Wege ausprobiert werden, wenn wir die zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen bewältigen wollen.»

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